Katzen, Katzen, Katzen (2)

Nachdem im Dezember die Katzen in ihren Körben saßen (Pummelfee-Molly im großen Korb, die schwatte Leila im Kleinen) und im Auto angeschnallt waren, ging es unter lautem Miau nach Hause. Die Beiden taten mir ziemlich leid. Egal wie stressig oder ungeeignet ein Zuhause ist, oft ist es dass Einzige was die Tiere kennen. Sie verlieren ihre Bezugspersonen, ihre Futter- und Schlafplätze, einfach alles. Auch wenn ich wusste, dass sie in naher Zukunft über viel mehr Platz, Ansprache und Abenteuer verfügen würden war mir klar, die nächsten Tage werden stressig. Um das klagende maunzen besser auszuhalten, habe ich die Miezen ununterbrochen vollgequasselt und ihnen von ihrem neuen Leben erzählt. In Aschenhütte war schließlich Ruhe.

Im neuen Heim angekommen, hab ich zuerst die Katzenklos (3) und Futternäpfe aufgebaut und dann voller Erwartung die Kennel geöffnet. Molly ist sofort im Badezimmer hinter der Waschmaschine verschwunden, während Leila im Obergeschoss hinter der Kinderspielküche verschwunden ist. Gesehen habe ich das erst später, denn für mich waren beide erst Mal weg…

Ich gebe zu,  ich habe da meinen Hund so vermisst  😔. Als die Kinder nach 2 Stunden aus der Schule kamen, habe ich Ihnen noch mal die Fotos von den Katzen gezeigt, weil zu sehen waren keine. Wir hatten vereinbart für diesen Tag weder laut Musik zu hören, noch zu spielen, nicht zu kreischen, zu rennen zu trampeln oder sonstiges Chaos zu verbreiten. Ich habe Ihnen erzählt dass Molly so viel zutraulicher ist, menschenfreundlicher und das sie sich sicher schneller heraus traut als Leila.

Am Nachmittag bekam ich Fotos von den Kindern aus der oberen Etage, die Leila auf dem Schoß hatten und herum schmusten. Zu dieser Zeit saß Molly immer noch mit riesigen Augen hinter dem Waschmaschine. Bei diversen Toilettengängen und geschlossener Tür kam sie immer mal kurz heraus, verschwand aber ziemlich schnell wieder. So richtig entspannt war ich erst, als Molly auf dem Katzenklo war und einige Bissen gefressen hatte. Die Kinder, die seit dem Mittag oben auf dem Boden saßen, schickten mir wieder Bilde von Leila, die ebenfalls fraß und ihr Klo aufsuchte.

Im Verlauf des Abends kam Molly ins Wohnzimmer, sprang aufs Sofa und blieb. Das war ein absolut großartiger Moment! Leila lag auf den Treppenstufen und beobachtete das Geschehen um sie herum. Total beruhigt machte ich mich bettfertig und legte mich nieder. Molly kam kurze Zeit später im Dunkeln aufs Bett gesprungen, was bei mir beinah einen Herzinfarkt ausgelöst hätte (man muss sich erst wieder daran gewöhnen dass Katzen im Haus sind), krallte sich auf meinem Oberarm fest und blieb dort. Wie gerne hätte ich mich nach einigen Minuten umgedreht, aber was tut man nicht alles. Leila rannte kurze Zeit später laut miauend durch das ganze Haus und tat mir furchtbar leid. Ich dachte sie sucht Molly. Also machte ich schnalzende, lockende Geräusche in der Hoffnung, sie kommt ebenfalls ins Schlafzimmer, damit wir einfach alle schlafen können. Kam sie wohl auch irgendwann, ich war wohl gerade am einnicken, weil Molly plötzlich fauchend los schoss, es eine heisse Verfolgsjagd durch die ganze Wohnung gab, bei der ein Blumentopf und eine Lampe ihr Ende fanden und die in eine kräftigen Keilerei endete. Danach waren alle wieder wach. Scherben wurden zusammen gefegt und kurze Zeit später waren wir alle wieder am Start: Molly festgekrallt auf meinem Arm, Leila maunzend durchs Haus laufend. Irgendwann bin ich dann wohl doch eingeschlafen.

In den folgenden 3 Tagen kam Leila jeden Tag ein bisschen mehr in die untere Etage und meine Nähe. Das bedeutete nicht zwangsläufig, dass sie von mir gestreichelt werden wollte, was ich schnell lernte. Molly verbrachte die Tage damit sich auf dem Sofa herum zu räkeln, zu fressen, zu kacken und Leila zu verprügeln.

Am 4. Tag, ich lag lang auf dem Sofa, stelzte Leila auf meinen Brustkorb und legte sich mir Aug in Aug gegenüber. Ich war ganz gerührt vor lauter Glück als sie zu schnurren begann. Also hob ich die Hand und streichelte ihren Rücken. Vielmehr kam es nicht dazu, weil sie nach der Berührung mit meiner Hand dermaßen in mein Gesicht fauchte und die Pfote hob, dass ich quasi von Sekunde an gelähmt war. Nie war ich glücklicher Brillenträgerin zu sein. Ich ließ meine Hand sinken, atmete flach und so lagen wir ca. 15 Minuten bevor sie ging. Himmel, ich hatte eine Zebra-Unterhose! Seit diesem Tag hat sie mich nie wieder angefaucht. Ich kann sie streicheln und als einzige Person in der Familie hoch heben. Manchmal haut sie mir auf die Pfoten (ohne Krallen) wenn ich auf einer Seminarreise war, das falsche Futter hinstelle oder die Laune einfach im Keller ist. Aber sonst passiert nichts.

In der Anfangszeit prügelten sich die Unzertrennlichen jeden Tag. Obwohl sie plötzlich 160 qm zur Verfügung hatten, ging es immer um Ressourcen wie das Schlafzimmer. Das gehörte vom 1. Tag an Molly alleine. Allerdings nur nachts. Kam Leila in die Nähe, gab es Dresche. Leila wiederum hat sich mehr als einmal nachts ins Schlafzimmer geschlichen, hat irgendein Kleidungsstück oder eine Tasche bepinkelt und ist wieder gegangen. Der Anmichrangetraute war total begeistert, weil es 2 x seine Sporttasche getroffen hat. Gibt es etwas eindrucksvolleres als Katzenurin?

Während Molly im Tierheim fast aufdringlich war, hatte sie bei uns plötzlich keinen Bock mehr auf dieses Gekrabbele von Menschenhänden. Sie chillte auf dem Sofa, Tisch oder vor dem Ofen, frass, kackte, schlief oder jagte Leila. Sie war nie aggressiv wenn man sie streichelte, ging jedoch zügig weg und rollte mit den Augen. Leila wurde jeden Tag anhänglicher, rollte sich um meinen Hals, pfötelte mein Gesicht und lag am liebsten Nase an Nase. Es war praktisch ein kompletter Wandel beider Tiere. Das ist nicht meine erste Erfahrung mit Tierheimtieren, bestärkt mich aber immer wieder darin zu bedenken, wie sehr sie sich in einer stressigen Situation verändern und anders verhalten. Was sich alles entwickelt wenn sich die Umweltbedingungen verbessern und die Tiere ankommen dürfen.

Heute sind beide 9 Monate hier, gesund, quicklebendig und stundenweise Freigänger. In der Sommerhitze haben sie abwechselnd ganze Nächte draußen verbracht. Molly schmust wieder, wenn auch hart und eher brutal :D. Leila gehört immer noch die obere Etage. Sie ist mutig, stalkt den Nachbarkater, ärgert Hunde und liebt die Kinder heiß und innig.

Wir möchten beide nicht mehr missen. Sie gehören schon lange zur Familie und das bleibt hoffentlich noch ewig so. Dennoch werden sie sich irgendwann in der Zukunft an einen weiteren Zuwachs gewöhnen müssen. Ohne Hund ist dieser Haushalt nicht komplett. Aber das müssen sie jetzt ja noch nicht wissen.

In einem der nächsten Beiträge mag ich sie noch einmal einzeln vorstellen, damit ihr im Bilde seid.

Gehabt euch wohl und bis die Tage,

Dagmar

 

Katzen, Katzen, Katzen (1)

Nachdem mein Dödelchen überraschend, traumatisch für uns alle, einfach völlig unerwartet innerhalb einer Nacht verstorben ist, sind wir alle in ein tiefes Loch gefallen. Das Problem bei Familien ist, dass immer jemand da ist um dich zu trösten, aber leider ist auch immer jemand traurig. Ich glaube schon, dass wir ein gesundes Verhältnis zum Tod haben, er gehört nun mal zum Leben dazu, aber die eigenen Kinder so traurig zu sehen, tut doppelt weh. Dann ist da noch die eigene Traurigkeit. Einerseits fände ich es furchtbar wenn die Kinder denken würden, der Tod unseres Hundes würde uns nichts ausmachen, auf der anderen Seite mag man sie nicht andauernd traurig machen, wenn sie gerade mal nicht an das Loch denken, dass die wunderbare Olivia in unsere Herzen und Leben gerissen hat.

Lange Rede kurzer Sinn, das nach Hause kommen war ein einziger Alptraum. Jeden Tag aufs Neue. Mindestens 3 – 4 Tage habe ich noch Futter fertig gemacht bevor mir eingefallen ist, dass der Dödi tot ist. Wir haben uns also beratschlagt und festgestellt, dass zum jetzigen Zeitpunkt kein Hund  einziehen kann. Ich wusste schon dass ich die Stelle wechsele, aber nicht wann. Im Sommer sollte Kind 2 auf eine weiterführende Schule gehen, mein Mann wartete auf die Zusage für einen mehrmonatigen Lehrgang. Seminare waren vereinbart, Events geplant. Alles Drehen und Wenden half nichts. Ein Hund zu diesem Zeitpunkt wäre totaler Egoismus gewesen. Das wollte ich aber nicht denn hin zu kam zum ersten Mal  das Gefühl , dass ich keinen neuen Hund will, sondern einfach nur den Dödi zurück. Nach über 23 Jahren Hundehaltung sind wir aber täglich nach Hause gekommen und fanden die Situation unerträglich. Was also tun?

Ich habe es zuerst ausgesprochen:“Wie wäre es mit einer Katze?“ Ich habe ja 14 Jahre mein Leben mit meiner Karthäuserkatze Mimi geteilt und es war schön. Anders als die Hundehaltung, aber schön. Da unsere Lebensplanung, wie oben beschrieben, einige Wendungen und Neuerungen erwarten ließ, war schnell der Gedanke geboren, dass der Einzug von 2 Katzen nur fair wäre. Schließlich haben auch Katzen das Bedürfnis nach Sozialkontak. Darum schied auch der Plan aus, 2 Babys aufzunehmen. Ich fand selbst 1/2 Tag Wartezeit zu lang für so junge Tiere. Außerdem können kleine Katzen sich im Eifer des Gefechts total gut selbst umbringen, in einem unbeobachteten Moment.

Das mein Mann sofort zustimmte, lässt tief blicken wie auch er unter unserem tierfreien Haushalt gelitten hat. Also machte ich mich auf die Suche nach 2 Insassen von Tierheimen und Tierschutzvereinen. Es gibt kaum etwas einfacheres. Katzen gibt es wirklich wie Sand am Meer. Schnell hatte ich ein Pärchen 1,5 Jahre alter Katzen und Kater gefunden, die aber am nächsten Tag schon vermittelt waren. Also weiter gesucht und im Tierheim fündig geworden.DFC7A44F-66FD-40AA-ACDF-22DE5D7D3CBF

Unter anderem mit diesem Foto wurden Molly und Leila beworben. 4 und 6 Jahre alt, kastriert, unzertrennlich und seit 1,5 Jahren im Tierheim. Kurze Rücksprache mit dem Anmichrangetrauten und schon vor seinem „okay“ mit Steffi aus dem Tierheim Kontakt aufgenommen. „Ja, sind noch da“, war alles was ich hören wollte. Mittags hab ich Kind 2 das Foto gezeigt, als sie aus der Schule kam. Sie hat mir gesagt, die sind ja ganz süß und wem sie denn gehören? Als ich ihr erzählt habe, dass Beide am nächsten Tag hier einziehen, ist sie in Tränen ausgebrochen. Also war die Sache fast besiegelt.

Als Kind 1 aus der Schule kam, hab ich auch ihm das Foto gezeigt und gefragt, was er von der Anschaffung hält. Er war sofort einverstanden. Ich habe mir vorher die Zustimmung der ganzen Familie gewünscht, weil ich weiß wie schnell es im Zusammenleben mit Tieren auch einmal darum geht, sich zurück zu nehmen oder auch mal etwas zu verlieren. Da wollte ich mir Sätze wie: “Ich wollte nie die Katzen“, gerne ersparen.

Da ich Urlaub hatte, bin ich also am nächsten Tag direkt ins Tierheim gefahren. Steffi war so lieb, mir nicht nur mit der ersten Grundausstattung auszuhelfen, sondern ließ mir auch etwas Zeit mit den Miezen. Der Lebenslauf war schnell geklärt, beide stammten aus dem selben Haushalt, hingen sehr aneinander uns sollten darum unbedingt zusammen vermittelt werden. Molly, die schildpattfarbene Katze war 4, Leila die Schwarze, war 6 Jahre alt. Als ich den Raum in dem die beiden untergebracht waren betrat, war Molly sofort zur Stelle. Sie war super zutraulich und aufgrund ihrer Färbung wunderschön. Okay, etwas mopsig aber ich fühlte mich ihr sofort nah. Sie nahm die Leckerchen freudig an, schubberte sich an meinem Bein und ließ sich laut schnurrend streicheln. Leila hielt Abstand betrachtete mich und fraß die geworfenen Leckerchen zögerlich. Jetzt muss man mir nicht unbedingt erklären, was für ein Stress ein Tierheimleben für alle Tiere bedeutet und das 1. Eindrücke fast nie mit dem übereinstimmen, was sich entwickelt, wenn man in einem Zuhause ankommt. Leila kam tatsächlich innerhalb der nächsten Minuten näher und ich konnte sie aus der Hand füttern. „Das wird alles gut“, dachte ich fröhlich und versuchte sie zu streicheln. Sie hat mir heftig auf die Hand geschlagen, gefaucht und kund getan, was sie davon hält dass ich ungefragt als Fremde in ihr Wohnzimmer stolziere und glaube, meine streichelnde Hand wäre ein echtes Geschenk. Ich gebe zu, ich habe kurz darüber nachgedacht, wie das wohl mit den Kindern klappt. Da mir Steffi aber erzählt hat, dass es dutzende Anfragen für die bunte Molly gegeben hat, aber niemand die langweilige schwarze Katze haben wollte, stand mein Entschluss fest. Die gehen mit. Und mir war klar, wenn die erst bei uns zu Hause sind, dann bleiben die. Egal wie sich was entwickelt. Wenn wir etwas in die Fingern gekriegt haben, dann geben wir es nicht mehr her. Ich mag meinen Kindern nicht vorleben, dass weg muss  was nicht funktioniert. Wir sind alle nicht perfekt und Tiere können eine Menge problematisches Verhalten entwickeln, was durchaus zu starken Einschränkung für das eigene Leben mit sich bringt. Aber mein Entschluss stand fest. Zumal ich es einfach unmöglich fand, dass Leute tatsächlich versuchen nur ein Tier aus einem Paar zu adoptieren, obwohl es nur zusammen vermittelt werden soll. Weil es eine „schönere“ Fellfarbe hat. Schlechter kann man einen Tierheimbesuch wahrscheinlich nicht beginnen. Da Molly so extrem extrovertiert war, fühlte sich die Hälfte der Besucher auch noch von der Katze „auserwählt“ und sofort sprechen dann alle sofort von „Liebe“ und sind entsetzt, dass sie das einzelne Tier nicht bekommen, obwohl es sie doch tatsächlich „ausgesucht“ hat. Manche Menschen haben als Kind wirklich zu viel Lassie geguckt.

Mir war vollkommen klar, dass der Großteil des Tages für die Katzen von Langeweile geprägt ist, der dann wiederum in Stress umschlägt, wenn immer wechselnde Menschen, wechselnde Abläufe durchführen. Das meine lieben Knusperkekse, ist keine Kritik, sondern Alltag im Tierheim. Wechselndes Futter, wechselnde Streu und in schlechten Wetterperioden Zimmerhaft tun ihr übriges. Das war mir alles vorher klar und darum wollte ich auch die kleine Schwarze, mit dem Kacknamen, mitnehmen, weil sonst vielleicht Beide in naher Zukunft keine Chancen gehabt hätten, das Heim zu verlassen. Das ich für diese Entscheidung, die ich als Mensch alleine getroffen habe, weder damals noch heute so etwas wie Dankbarkeit von den Tieren erwarten kann, ist doch logisch. So was erwarten nur Lassiezuschauer *prust*.

Während ich überall dieses nachdachte, biss mir Molly kräftig in den Finger, weil die Leckerchen aus waren….

Fortsetzung folgt.

 

Das Vieh macht mich verrückt

Nein. Es geht nicht um den Dödi. Ich weiß nicht genau um was es geht. Aber ich beginne am besten von vorne.

Morgens zwischen 6.00 Uhr und 6.30 Uhr pflege ich draußen meinen ersten Kaffee zu nehmen. Ja, ich rauche dabei, wenn ich nicht gerade eine Nichtraucherphase habe. Vor ca. 4 Wochen, ich sitze gerade draußen, kräht wie immer unser Hahn. Er heißt übrigens Ludger.

Es ist stockdunkel und ich führe die Tasse an die Lippen als plötzlich aus  dem Garten eine Antwort ertönt. Allerdings nicht so melodisch wie einen Hahnenschrei. Der ist ja eher so: öh öh öh öööööööh. Die Antwort des anderen Vogels klingt eher so: ööööööööööööööh. Es hört sich laut an. Also ist das, was da versucht zu krähen, kein Winzling. Das Spiel geht hin und her. Ludger legt vor, das Vieh zieht nach. Einen Moment lang denke ich, die Nachbarn haben einen Zwerghahn. Aber nein, der Ruf kommt definitiv aus unserem Garten.

Da mein Mann gerade im Einsatz ist und meine ornithologischen Kenntnisse beschränkt, zücke ich das iPhone um den Ruf aufzunehmen. Die Aufnahme läuft. Ludger legt vor: öh öh öh ööööööööh. Fein.

In diesem Moment schießt aus der Dunkelheit ein Amselmännchen ins Licht, kracht gegen die Regenrinne und fällt neben meinen Kaffee auf den Tisch. Von diesem Moment an, schweigen Ludger und das Vieh.

Auf meiner Tonaufnahme hört man Folgendes: Nichtsnichtsnichts…..Boing, Bumm…ach du scheiße, was machst du denn? Geht es dir gut ? Himmel hast du mich erschreckt…flatterflatter…Amselgezeter.

Abends am Telefon hab ich meinem Mann davon erzählt. „Du, das könnte ein Star sein“, sagt er. „Die ahmen gerne mal nach“. Aber im stockdunklen ? Und sind die jetzt noch da ? Und es hört sich viel größer an, als ein kleiner Star. Ich bin überhaupt nicht überzeugt.

Am nächsten Morgen fliege ich draußen fast weg. Sturm. Aber, das Vieh ist nach den ersten Rufen von Ludger zur Stelle. Ich drücke auf Aufnahme und drehe die Lautstärke ganz hoch. Als ich mir das Memo anhöre hört man: Windwindwindwind. Kein Vieh. Es ist zum verrückt werden.

Am dritten Morgen, ich sitze leicht angespannt draußen. Es ist windstill, dunkel und totenstill. Der doofe Ludger will ums verrecken nicht krähen. Das Vieh rührt sich auch nicht. Ich gebe zu, in der Zwischenzeit habe ich mich auf der Webseite vogelstimmen.de hoch und runter gehört. Ich überlege welche Vögel krähähnliche Geräusche machen können. Ich höre mir Wachteln, Rebhühner und sicherheitshalber Stare an. Ich lausche Auerhähnen, Fasanen und Eichelhähern. Ich bin sicherheitshalber bei Elstern, Krähen und Raben. Nichts.

Am nächsten Morgen ist mein Mann wieder da. Während er im Badezimmer ist, sitze ich draußen und horche in die Dunkelheit. Ludger kräht, das Vieh schweigt. Cool, diese Kombination hatten wir noch nicht. Mein Mann verlässt den Hof und kratzt vor dem Tor die Autoscheiben frei. Das Vieh kräht. Wie um mich zu veralbern hat es geübt und hört sich jetzt so an: Öööööööööööh öööööööööööööh. Ich springe auf und brülle die halbe Straße zusammen. Mein Mann hört nichts, weil er wie ein Berserker an den Scheiben herum kratzt. Danach steigt er ins Auto und fährt zur Arbeit. Ich schlage mittelheftig meinen Kopf auf die Tischplatte und verfluche das Vieh. Mittlerweile schweigt es wieder, vermutlich wegen meines Ausbruchs.

Die Tage vergehen. Ich will meinen Kaffee nicht mehr draußen trinken, weil außer Ludger und mir, anscheinend niemand meinen imaginären Vogelfreund hören kann.

Ein paar Tage später, mein Mann sitzt auf der Toilette, brüllt er plötzlich los. „Ah“ denke ich, „Klopapier ist alle“. Aber irgendwie hört sich das Rufen anders an. So aufgeregt ist er sonst ohne Klopapier nicht. Als ich näher komme, weiß ich warum. Durch das Badezimmer hat er das Vieh gehört. Endlich. Ich höre keine Stimmen. Er kann es auch hören. Und wie niedlich aufgeregt er ist. Das Thema Star ist sofort vom Tisch. Das da draußen hört sich größer und lauter an. Ich bin fasziniert davon, das „mein“ Vieh jetzt öööööh öööööh öööööh tönt. Der Bursche lernt dazu. Ludger ist außer sich, weil der vermeintliche Rivale direkt in Stallnähe ruft. Kurz überlegen wir, ob eine verrückte Henne kräht. Das passiert manchmal. Aber die Hühner samt Ludger sind noch im Stall. Vieh hingegen, sitzt irgendwo draußen.

Mein Mann macht stolz eine Aufnahme. Später am Tag schickt er sie mir per Kurznachricht. Ich präsentiere sie meiner Kollegin. Man hört nichts. Also fast nichts. Ludger ist gut getroffen. Vom Vieh keine Spur. Ein Vampirvogel. Vampire kann man im Spiegel nicht sehen. Vampirvogelschreie kann man nicht aufzeichnen. Ich sollte die Geschichte für immer vergessen, sonst werde ich noch verrückt. Immerhin ist mein Ehemann auch verrückt, schließlich hört er Vieh auch.

Die Wochen vergehen. Manchmal ist Vieh da, manchmal nicht.

Ich kürze die Geschichte ab. Heute morgen habe ich einen wunderbare Aufnahme von Vieh gemacht. Und ja, man kann ihn deutlich erkennen. Sogar meine Arbeitskollegin. Und ein ornithologisch versierter Freund meines Mann. Der tippte spontan auf Zwerghahn. Das können wir ausschließen. Außer Ludger lebt kein Hahn in unserem Garten. Mir zeigt das, wie gut Vieh mittlerweile krähen gelernt hat. Soweit so gut. Leider fehlt mir das technische Verständnis um die Aufnahme hier einzufügen.

Dennoch bin ich gerne bereit diese Aufnahme zu verschicken, wenn mir nur irgendjemand sagen kann, was Vieh ist. Das macht mich noch ganz verrückt. Womit ich einen eleganten Bogen zum Titel geschlagen habe, findest du nicht?

Unser Garten bleibt weiterhin ein Dschungel. Ich habe dort schon 2 Waschbären, einen Fuchs, einen Haufen Igel, 2 sich liebende Blindschleichen, Lurche, einen Hirschkäfer, unzählige Frösche und allerlei anderes Gedöns gefunden. Der neustes Zugang heißt Vieh.

Hütet euch vor Viechern. Gehabt euch wohl und bis die Tage,

Dagmar