Hormone

Während ich weiterhin damit beschäftigt bin, bei Facebook einfach nur weiter zu scrollen um nicht zu lang damit in Berührung zu kommen, welche kranke Gesinnung der ein oder andere an den Tag legt (damit meine ich nicht nur Flüchtlingshetze sondern auch den Drang einiger Leute, nur schlechte Nachrichten zu teilen) bleibt es hier nett. Oftmals kann ich mich nicht entscheiden was ich als nächstes schreibe und so kommt dann gar nichts zustande. Ich muss hart an mir arbeiten Texte zu schreiben und unter Entwürfen zu speichern, um sie an einem anderen Tag zu veröffentlichen. Meist bin ich so froh wenn hier etwas steht, dass ich es auch raus hauen will.

Heute also meine Erfahrungen mit Hormonen.

Schon bevor ich damals wußte dass ich schwanger bin, war ich bereits ein Spielball meiner Hormone. Ich erinnere mich genau, dass ich auf der ersten großen Hundeschulweihnachtsfeier vor lauter Rührung in Tränen ausgebrochen bin. Einfach so. Weil so viele Leute da waren, weil Weihnachten vor der Tür stand, weil ich so abgearbeitet war, weilmalles einfach schön war. Mumpitz, das waren Schwangerschaftshormone. Aber wer rechnet schon mit solchen Biestern, nach 10 Jahren erfolglosem Vermehrungsversuch?

In den kommenden Wochen und Monaten bekam der Spruch, dass man sein Herz außerhalb des Körpers trägt, eine ganz neue Bedeutung. Ganz entgegen meiner vorherigen Gewohnheit  hat mich alles angefressen oder zutiefst berührt: Verbale Seitenhiebe, Zuwendung, Liebesromanzen, Musik, Gerüche, Gedanken. Eine ständige Achterbahn der Gefühle. Anstrengend und ungewohnt zugleich. Selbstverständlich habe ich während ich in der Hormonschaukel saß, geschworen, alles wäre wie immer 😁.

Ich weiß, dass 2006 die Fußballweltmeisterschaft stattgefunden hat, weil ich mich ständig euphorisch oder am Rand der Verzweiflung vor dem Fernseher wieder gefunden habe. Wen interessiert schon, dass ich Fuball im normalen Leben langweilig, uninteressant und blöd finde….?! In dieser Zeit war ich so gefangen von den Spielen, dass ich oft dachte ich kriege das Kind jetzt sofort auf dem Sofa.

Und dann waren da noch die olympischen Winterpiele. Die Eröffnung war an einem Morgen, an dem auch der Anmichrangetraute zu Hause war. Wir wollten gemütlich zusammen frühstücken und so machte er sich auf den Weg zum Bäcker um frische Brötchen zu holen. Mich ließ er entspannt auf dem Sofa sitzend zurück. Die Fahrt zum Bäcker dauert ca. 2 Minuten. Nehmen wir an es war noch ein Kunde vor ihm dran, macht ungefähr 4 Minuten, 2 Minuten Rückfahrt. Summa summarum 8 Minuten Abwesenheit.

Als er die Wohnung wieder betrat fand er mich tränenüberströmt und rotzverschmiert auf dem Sofa. Ich wurde so sehr von Schluchzern geschüttelt, dass ich kein Wort hervorbringen könnte. Ich weiß dass ich ihm eine Scheißangst eingejagt habe, aber ich war außer Stande das zu ändern. Tränen spritzen mir aus den Augen und extrem peinliche Klagelaute tönten durch den Raum. Ich war fix und fertig.

Der Anmichrangetraute dachte zuerst, jemand aus unserer Familie sei gestorben. Dann, ich hab das Kind verloren. Zum Glück hat er wieder alles verworfen aufgrund der kurzen Zeitspanne in der er weg war und blieb ratlos. Unschwanger wäre das bestimmt als mittelschwere Nervenzusammenbruch durchgegangen….Je mehr er nachfragte was geschehen ist, desto mehr regte ich mich auf weil mir bewusst wurde, was alles geschehen KÖNNTE !!!! Er hat mich 10 – 15 Minuten getröstet bis ich wieder reden konnte. Was war geschehen ?

Ich habe eher zufällig die Eröffnungsfeier der olympischen Spiele eingeschaltet. Ich war schon zu Tränen gerührt, als die deutschen Sportlern einmarschierten. Ich gnickerte also schon leise vor mich hin, als ein afrikanischer Staat angekündigt wurde. Leider weiß ich nicht mehr welcher. Die Kommentatoren ließen sich darüber aus, dass nur ein Sportler an den Spielen teilnimmt und sein Land zu vertreten. Und dann kam er. Nach Gruppen von Menschen für verschiedenen Nation, kam da dieser einzelne Mann der über das ganze Gesicht strahlte wie ein Honigkuchenpferd. Und die Landesfahne hat er gechwenkt, voller Stolz und Freude. Hinter ihm marschierte schon die nächste Nation ein und da ging es mit mir durch.

Dieser Mann tat mir so unheimlich leid. Niemand mit dem er Freud und Leid teilen konnte. Und dieser Erfolgsdruck. Allein für eine ganze Nation ! Unvorstellbar. Es hat mir schier das Herz zerrissen. In echt.

So hat der Anmichrangetraute mich dann gefunden. Nachdem klar war, dass niemand gestorben ist und vermutlich auch in den nächsten Stunden niemand sterben wird, hat er sich übrigens ausgiebig totgelacht. Wie immer.

Hormone kann ich also uneingeschränkt empfehlen.

Gehabt euch wohl und bis die Tage,

Dagmar

2 Gedanken zu “Hormone

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